Hoher Norden

Nehmt bitte Platz, heute erzähle ich (endlich wieder) eine ad-hoc-Geschichte*

Ich stieg aus dem Bus, alle stiegen aus. Endstation. Mein Koffer, von mir kaum zu bändigen, ratterte die zwei Busstufen hinunter, gemeinsam landeten wir im Kies. Die vier mitgefahrenen Personen entfernten sich, nach einem kurzen Gruß, in verschiedene Richtungen, zielstrebig. Der Bus fuhr ab.

Ich stand neben meinem peinlich großen Koffer, gefüllt mit Sachen, die ich wahrscheinlich in dem einen Monat nicht brauchen würde, verloren. Der Wind versuchte vehement durch meinen Körper hindurch zu brausen und kühlte mich innerhalb weniger Minuten auf einen Schüttelfrost herunter. Per E-Mail hatten wir ausgemacht, Kurt würde mich in Skärplingnål vom Busterminal abholen. Mittelschweden, baltische Küste, April und ich stand zitternd in der Pampa in der Hoffnung dies sei ein Busterminal und außerdem der richtige. Die Schotterstraße führte in einer geraden Spur zu einer schmalen Landstraße. In einem Radius von 500 Metern waren nur braune Wiesen und Gestrüpp zu sehen. Nun gut, ich wollte ein Abenteuer, gratuliere es scheint zu klappen.

Wie meist unter Stress begann ich zu summen, wegen der Kälte auch hin und her zu wippen. Wenn mich jemand sieht, der glaubt ich spinn. Doch ich erkannte schnell, diese Befürchtung war grundlos, denn es war weit und breit kein Mensch. Ich warf meine Befangenheit in den Wind, summte lauter und wippte stärker. Die Wolken zogen in einem Höllentempo über den Himmel. Der Blick hinauf machte mich schwindlig. Die Einschätzung des Wetters zählte bisher nicht zu meinen Stärken, doch mit einer Spontan-Kompetenz entwickelte ich die gesicherte Prognose, dass der heftige Regen sogleich starten würde, schließlich war mein Reisegepäck aus durchlässigem Stoff und beinhaltete auch keinen Regenschirm. Ja, ich sehe gerne das Positive und erwarte das Beste.

Ich schlurfte durch den Kies. Die Steinchen spritzten hoch und rieselten wie Regentropfen auf den Boden. Gedanken wälzend, wo ich mich bei Regen unterstellen könnte, Bäume gab es nicht, hörte ich plötzlich Motorengeräusch. Ein klappriges Auto, einen leeren, hüpfenden Anhänger ziehend, fuhr direkt auf mich zu. Ein junger Mann mit wilder Haarpracht und Vollbart stieg gemächlich aus, faltete sich auf knapp 2 Meter Körpergröße auf, blickte mir direkt in die Augen, sagte nichts. „Bist du Kurt?“ fragte ich, den Kopf in den Nacken gelegt. Er nickte, schüttelte kurz meine Hand und hievte schwungvoll und schweigend meinen Koffer auf den Anhänger, dass der Schotter unter den Reifen knirschte. Er fädelte sich wieder hinter das Lenkrad und zog die Autotür mit einem blechernen Scheppern zu. Stille. Ich öffnete die Beifahrertür und zwängte mich auf den Sitz. Dabei versuchte ich den am Boden zusammengerollten Hund nicht zu treten. Er schaute mich hungrig an. Okay, ich denke das Abenteuer geht weiter, denn noch fühl ich mich überhaupt nicht gerettet.

(Vielleicht eine Fortsetzungsgeschichte, …???)

*Mit ad-hoc-Geschichte meine ich eine, „30-Minuten-Drauflosschreib-Geschichte“.

 

2 Antworten zu “Hoher Norden

  1. Hoi Du spannender Anfang eine richtig wohl abenteuerlustigen Geschichte …. freu mi auf’s weiter lesen 🙂

  2. Spannende Geschichte und ich hoffe, es kommt eine Fortsetzung dieses Abenteuers…..und geht gut aus ;o)

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